Meran wird nach Reggio Emilia die zweite Stadt in Italien sein, die ein Register für existentielle Lebensprofile einführt, um den tiefsten Wünschen und Sehnsüchten ihrer Mitbürgerinnen und Mitbürger mit Beeinträchtigung eine Stimme zu geben. Bürgermeister Dal Medico: "Wir wollen ihr Recht auf Selbstbestimmung gewährleisten".
"Seit mehr als einem Jahr arbeiten wir als Gemeindeverwaltung an der Einrichtung eines öffentlichen Registers für existenzielle Lebensprofile. Um uns auf das Thema vorzubereiten und auf den neuesten Stand zu bringen, waren wir auch in Reggio Emilia, der ersten Stadt in Italien, die ein solches Register eingerichtet hat. In diesem Zusammenhang möchte ich dem Bürgermeister Marco Massari und der Stadträtin Annalisa Rabitti für den Empfang und die Beratung in dieser Angelegenheit danken“, erklärte der Bürgermeister von Meran Dario Dal Medico heute (15. Januar) auf einer Pressekonferenz.
„Das existentielle Lebensprofil (profilo esistenziale di vita) ist ein Dokument, welches die Wünsche der Personen mit besonderen Bedürfnissen (Personen mit körperlichen oder kognitiven Beeinträchtigung, aber auch solche, die sich, wenn auch nur für eine begrenzte Zeit, in einer verletzlichen Situation befinden) in Bezug auf ihre Bestrebungen, Gewohnheiten, Vorlieben, Neigungen, Ängste und Ärgernisse in den verschiedenen Lebensbereichen enthält: affektiv-beziehungsbezogen, Arbeit, Wohnen, kulturell. Diese Profile werden unter voller Beteiligung der Person mit Beeinträchtigung erstellt und enthalten alle „affektiven Informationen“, die im Falle des Verlustes einer Bezugsperson, sei es ein Elternteil oder ein*e Betreuer*in, nützlich sind, um eine gute Lebensqualität zu gewährleisten", so Dal Medico heute (15. Januar) auf der wöchentlichen Pressekonferenz der Stadtregierung“.
Von links: Stadträtin Emanuela Albieri, Bürgermeister Dario Dal Medico, Bürgermeister Marco Massari, Stadträtin Annalisa Rabitti und Luca Curti. „Die Ziele, die wir als Gemeindeverwaltung mit der Einrichtung des Registers für existentielle Lebensprofile beim Meldeamt erreichen wollen, sind vielfältig: den tiefsten Sehnsüchten der vulnerablen Mitmenschen eine Stimme zu geben und ihre Lebensgewohnheiten zu schützen; ihr Recht auf Selbstbestimmung zu stärken, indem ihnen ein möglichst erfülltes und zufriedenstellendes Leben ermöglicht wird; dazu beizutragen, die 'besten Interessen' dieser Menschen herauszuarbeiten, auch dank der Einbeziehung einer Vielzahl von Bekannten und Fachleuten sowie dass die Wünsche, die im Lebensentwurf enthalten sind, in den Fällen respektiert werden, in denen die Familie nicht oder nicht mehr in der Lage ist, ihren geliebten Menschen im Alltag zu unterstützen“, so Dal Medico weiter.
Die Verordnung, die das gesamte Verfahren sowie die Führung des Registers regelt, wird dem Gemeinderat auf seinen für Februar anberaumten Sitzungen zur Genehmigung vorgelegt. Ein entsprechender Entwurf liegt bereits vor. Um ein Profil erstellen zu können, muss man*frau volljährig sein und in Meran wohnen. Der Antrag kann von der betroffenen Person selbst oder von einer anderen vertretungsberechtigten Person (Eltern, Bevollmächtigte*r, Betreuer*in) gestellt werden.
„Die Einleitung des Verfahrens“, erklärte Stadtrat Marco Perbellini, “wird beim Meldeamt der Gemeinde Meran beantragt. Eine vom Bürgermeister eingesetzte Kommission prüft dann, ob der eingereichte Antrag die notwendigen Voraussetzungen erfüllt, bestimmt innerhalb von 7 Tagen eine Begleitperson oder eine*n Betreuer*in für das Verfahren und benachrichtigt den/die Antragsteller*in".
Innerhalb von 60 Tagen setzt sich die Begleitperson oder der/die Verfahrensbetreuer*in mit dem/der Antragsteller*in in Verbindung, um das Verfahren einzuleiten und ihm*ihr bei der Ausarbeitung des Lebensprofils zu helfen. Der/die beauftragte Betreuer*in oder Mitarbeiter*in führt dann eine Reihe von Treffen mit dem Menschen mit Behinderung durch, bei denen seine*ihre Wünsche anhand von Unterlagen und im Austausch mit wichtigen Personen (Sportlehrer*innen, Freund*innen, Erzieher*innen usw.) erkundet und gesammelt werden.
Innerhalb von 90 Tagen nach dem ersten Treffen - außer in begründeten Fällen - muss das Dokument fertiggestellt werden. Das von der betroffenen Person (oder, falls sie nicht in der Lage ist zu unterschreiben, von einer anderen vertretungsberechtigten Person) unterzeichnete und von der Kommission positiv bewertete Lebensprofil wird an das Meldeamt geschickt, das es im allgemeinen Archiv der Stadtverwaltung hinterlegt.
Nach der Ausfertigung und Unterzeichnung durch die betroffene Person wird das Lebensprofil im entsprechenden Register des Meldeamtes der Stadtgemeinde Meran geführt.
Eine freie Entscheidung
Das Verfahren zur Erstellung des Lebensprofils ist kostenlos; für die betroffene Person und/oder den/die Antragsteller*in entstehen keine Kosten. Die Entscheidung, das Profil zu erstellen, ist frei und autonom, es gibt keine rechtlichen Verpflichtungen in dieser Hinsicht. In jedem Fall wird das gesamte Verfahren unter Wahrung der Vertraulichkeit und des Datenschutzes der Daten der betroffenen Person durchgeführt. Handelt es sich bei dem*der Antragsteller*in um eine andere Person als die betroffene Person und bringt diese ihren Willen zum Ausdruck, nicht mit der Erstellung des Lebensprofils fortzufahren, so hat der Wille der betroffenen Person Vorrang vor dem des*der Antragstellers*in.